Tests und Effekte der AR

In diesem Kapitel wollen wir die AR auf Herz und Nieren bezüglich ihrer Richtigkeit und Vorhersagekraft prüfen. Dabei werde ich auf folgende Punkte näher eingehen:

- Der Newtonsche Grenzfall der Einsteinschen Feldgleichungen
- Uhren im Gravitationsfeld
- Rot-Grün-Verschiebung von Spektrallinien
- Periheldrehung des Merkur

Ein prallgefülltes Programm. Als Einstein seine Feldgleichungen niedergeschrieben hatte, war sein nächstes Anliegen zu zeigen, dass sich Newtons Gravitationsgesetz

als Grenzfall schwacher und zeitunabhängiger Gravitationsfelder ergibt. Dabei ist der Laplace-Operator durch

definiert. Dabei ist die Massendichte und G = 6,67×10-11m3kg-1s-2 die Gravitationskonstante. Wir wollen die im letzten Kapitel gefundenen Feldgleichungen noch einmal aufschreiben:

(1)

Durch Kontraktion mit dem Metriktensor erhalten wir

(2)

setzen wir das Ergebnis aus (2) in (1) ein, erhalten wir

Diese Form der Einsteinschen Feldgleichungen ist völlig äquivalent zu der oberen Form (1). Verarzten wir zunächst die linke Seite von Gleichung (2). Machen wir uns an die erste Forderung, nämlich, dass nur schwache Gravitationsfelder in Betracht gezogen werden sollen. Schwach ist z.B. das Gravitationsfeld der Erde, nicht aber das eines schwarzen Lochs. Da wir den Metriktensor als Potential der Gravitation kennengelernt haben, bedeutet dies, dass nur kleine Abweichungen von der Diagonalform = Diagonal(-1,-1,-1,1) (siehe Geodätengleichungen) zugelassen werden. Wir machen also den Ansatz

Nun müssen wir Ordnung in die Größenordnung der verschiedenen Terme bringen. Der Ricci-Tensor war gegeben durch

mit

Da die Ableitungen des Metriktensors nur durch die gegenüber 1 kleinen Komponenten von bestimmt sind, erhalten wir für die Näherung erster Ordnung für die Christoffelsymbole

Die Quadrate der Christoffelsymbole sind demnach in dieser Näherung klein von zweiter Ordnung, also vereinfacht sich der Ricci-Tensor zu

also ergibt sich zunächst für die Feldgleichungen in erster Ordnung

Auf der rechten Seite haben wir schon durch ersetzt. Der Energie-Impuls-Tensor der bewegten oder ruhenden Masse ist gegeben durch

Mir der Massendichte und der Vierergeschwindigkeit . Für Geschwindigkeiten v, die wesentlich kleiner als die Lichtgeschwindigkeit c sind, verschwinden in der uns interessierenden Näherung alle Komponenten bis auf

Wir picken uns also die 44-Komponente der Feldgleichungen heraus, also

Da wir nur zeitunabhängige Felder zulassen, fällt der erste Term auf der linken Seite weg, und die Näherung schmilzt auf

(3)

zusammen. Jetzt müssen wir nur noch die Christoffelsymbole knacken:

Dabei haben wir wieder berücksichtigt, dass Ableitungen nach der Zeit verschwinden. Setzen wir das Ergebnis in (3) ein:

Nach, Sie ahnen es, weglassen der Zeitableitung bleibt nur noch

Das ist die Newtonsche Näherung. Im Kapitel Geodäten fanden wir:

Wir können sogar endlich die Konstante k festlegen, wenn wir das gefundene Ergebnis mit Newton (siehe ganz oben, die erste Gleichung auf dieser Seite) vergleichen. Es muss gelten:

Es waren einige Klimmzüge nötig, um Newton aus Einstein herauszupulen, aber es war die Mühe wert, denn wäre Newton ausgeblieben, hätte man die Einsteinschen Gleichungen sofort entsorgen können. Kommen wir zu Punkt 2, welchen wir auch schon im Geodäten-Kapitel hätten klären können. Das Wegelement einer ruhenden Uhr ist gegeben durch

Das Eigenzeitintervall gilt für eine ruhende Uhr im ungekrümmten Raum. Wir vergleichen also wieder den Gang von zwei baugleichen Uhren. Uns interessiert das Zeitintervall dt einer im Gravitationspotential ruhenden Uhr.

Wir sehen sofort, dass die Uhr im Gravitationseinfeld im Vergleich zu der „gravitationsfreien“ Uhr langsamer geht. Womit wir auch schon zu Punkt 3 kommen. Die Rot-Grün-Verschiebung lässt sich relativ einfach mit Hilfe des Energie-Erhaltungssatzes verstehen. Um das Problem zu lösen, schummeln wir ein wenig. Wir wissen, dass Photonen (Lichtteilchen) nach heutigem Stand des Wissens keine (und wenn, dann eine sehr kleine) Masse haben. Wir nehmen aber mal kurz das Gegenteil an. Wir stellen zur Lösung des Problems ein kleines Gedankenexperiment an. Wir schießen ein Photon senkrecht in den Nachthimmel. Planck lehrte uns, dass die Energie E eines Photons gegeben ist durch

die Frequenz des Photons unmittelbar nach seinem Start von der Erdoberfläche in Richtung Himmel ist. Wir ordnen jetzt dieser Energie unerlaubter Weise eine Masse m zu, dann gilt nach Einstein:

mit

Wir interessieren uns nun für die Energieverhältnisse des Photons nachdem es eine Strecke H zurückgelegt hat. In einer Höhe H über dem Erdboden hat das Photon sozusagen „gegen das Schwerefeld“ Arbeit verrichtet. Diese Arbeit macht sich als Frequenzverlust bemerkbar und es gilt deshalb in einer Höhe H:

mit

Dabei muss aus eben erwähnten Gründen

sein. Wegen der Energieerhaltung gilt nun

oder

oder

oder

Man muss dabei beachten, dass man das Photon in nicht zu große Höhen entkommen lassen darf, da die Erdbeschleunigung g = 9,81 ms-2 nicht mehr konstant bliebe. Wir wollen die relative Frequenzänderung

berechnen. Pounds und Snider haben mit Hilfe des Mößbauereffekts die Frequenzverschiebung eines Gamma-Quants (Eg = 14,4 keV in 57Fe) gemessen. Quelle und Empfänger waren durch einen Höhenunterschied von H = 22,6 m getrennt. Wir erwarten nach Einstein

was durch das Experiment voll bestätigt wurde. Die Frequenz des Quants ist in den roten Bereich verschoben. Kommen wir zum letzten Punkt der von Merkur. Ich möchte hier nicht näher auf die umfangreiche Berechnung der Drehung des Perihels im Rahmen der AR eingehen und mich lieber auf eine anschauliche Klärung des Problems und die Präsentation der Ergebnisse von Theorie und Experiment beschränken. Zunächst einmal steht die Frage im Raum, warum gerade Merkur und nicht irgendein anderer Planet? Die Antwort liegt in Merkurs Nähe zur Sonne. Wir haben gelernt, dass die Abweichungen der Metrik des gekrümmten Raumes im Vergleich zu der des ungekrümmten äußerst gering sind. Deshalb ist der Merkur der geeignete Kandidat, da er der sonnennächste Planet ist und somit Allgemein-Relativistische-Effekte an ihm am besten überprüft werden können. Die Bahnkurve eines Planeten um die Sonne ist in der Newtonschen Theorie eine Ellipse. Eine Störung des 1/r-Potentials durch relativistische Effekte aber auch durch andere Planeten führt in der Regel zu einer Abweichung dieser Ellipsen-Bahn. Experimentell wird diese Abweichung als Winkeländerung des Perihels (sonnennächsten Punktes) pro Jahrhundert beobachtet. Die folgende Abbildung verschafft hoffentlich etwas mehr Klarheit.

Bereits 1882 hatte Newcomb eine Periheldrehung von 43'' pro Jahrhundert gefunden. Dieser Wert ergibt sich auch nach langer Rechnung mit Hilfe des Formelwerks der AR. Man misst jedoch einen Wert von 575''. Ade AR? Gewiss nicht, denn man muss den Anteil, der durch die Störung der anderen Planeten verursacht wird, abziehen. Dieser Anteil beträgt 532''. Bildet man die Differenz gelangt man zu den 43'', welche auch durch präzise Messungen hervorragend bestätigt wurde. Es gibt derzeit kein Experiment aus dem Bereich der Gravitation, welches nicht durch die AR erklärt werden kann. Es ist eher das Gegenteil der Fall. Man versucht heute noch theoretische Vorhersagen der AR (wie z.B. Gravitationswellen) experimentell nachzuweisen. Bei allen Gravitations-Experimenten steht man nämlich vor dem gravierenden Problem, es mit winzigen Effekten zu tun zu haben.