Die Einsteinschen Feldgleichungen

Der Pfad zu den Einsteinschen Feldgleichungen ist etwas holperig, eben (Ein)steinig. Wir wollen Einstein zu ehren einen von ihm vorgeschlagenen Weg gehen, um zu den Feldgleichungen zu gelangen. Wir erwarten, dass die Feldgleichungen der Gravitation, wie es in fast jeder Feldtheorie der Fall ist, aus den ersten und zweiten Ableitungen eines Feld-Potentials gebildet werden können. Das Potential in der AR ist der Metriktensor. Die Christoffelsymbole befinden sich schon sehr dicht am Ziel, jedoch sind sie nur von erster Ordnung, d.h., sie beinhalten nur erste Ableitungen des Metriktensors. Wir schließen an die Gedanken des letzten Kapitels an, wo wir durch Differentiation Tensoren höherer Stufe erzeugt haben. Wir gelangten über zweimaliges Ableiten einer Invarianten Raumfunktion nach dem invarianten Kurvenparameter erneut zu einer Invarianten, die durch die skalare Verknüpfung zweier Tensoren zweiter Stufe entstanden ist:

Den Tensor zweiter Stufe in der runden Klammer beschreiben wir durch das Symbol

Wir wollen dieses Tensoren-Generierungs-Prinzip noch ein wenig weitertreiben und, Sie ahnen es, nochmals differenzieren.

Die zweiten Ableitungen der Viererkoordinaten nach stören. Wir bemühen uns wieder unserer Geodäten

um sie zu eliminieren (Achtung: Umbenennung der Summationsindizes):

Nach weiterer Umbenennung der Indizes (das kann man beruhigt tun, da sowieso nur über sie aufsummiert wird) erhält man

Wir haben ,einen Tensor dritter Stufe, gewonnen und einige Joule an Gedankenarbeit verloren. Nur leider beinhaltet dieser neue Tensor keine zweiten Ableitungen des Metriktensors. Fassen wir noch einmal zusammen. Wir haben durch Differentiation einen Tensor zweiter Stufe (a) und nach nochmaligen Ableiten einen Tensor dritter Stufe /b) gewonnen.

(a)

(b)

Schauen wir mal, was passiert, wenn wir (a) in (b) einsetzen.

Was an diesem Tensor noch stört, ist das Vorhandensein der Ableitungen von

Durch einen kleinen Trick können wir diese beseitigen. Wir vertauschen die Indizes und und ziehen den durch Vertauschung neu gewonnenen Tensor von dem Unvertauschten ab, also

Es heben sich glücklicherweise eine Menge Terme gegenseitig auf. Zur besseren übersicht nummerieren wir in der oberen und unteren Zeile der Monster-Formel die Terme in der geschweiften Klammer von links beginnend durch. Der erste Term bekommt die Nummer 1, der letzte die 7. Die beiden ersten Terme in der oberen und unteren Zeile heben sich weg, da die partiellen Ableitungen vertauschbar sind. Term 2 der oberen Zeile hebt sich nach Umbenennung des Summations-Indizes mit dem 4. Term der unteren Zeile weg, wenn man zusätzlich die Symmetrie (Vertauschbarkeit) der unteren beiden Indizes der Kartoffelsymbole (Entschuldigung, natürlich Christoffelsymbole) berücksichtigt (siehe dazu die Definition der Symbole im letzten Kapitel). Das gleiche gilt für den 4. Term der oberen und den 2. der unteren Zeile. Die beiden sechsten Terme heben sich aufgrund der Symmetrie der unteren Christoffel-Indizes weg. Die beiden siebten Terme heben sich ebenfalls weg. Das reinste „Terme-Sterben“. Was übrig bleibt, verdient unsere vollste Aufmerksamkeit

denn der Riemannsche Krümmungstensor

bildet das Fundament der Einsteinschen Feldgleichungen. Wir sind schon fast in der Lage, die Feldgleichungen für den materiefreien Raum aufzuschreiben. Doch vorher noch ein Wort zum Potential des Gravitationsfeldes, dem Metriktensor . Der Metriktensor besitzt zwei Indizes, die Werte zwischen 1 und 4 annehmen können, also insgesamt 16 Komponenten. ist ein symmetrischer Tensor, d.h. es gilt

Aufgrund dieser Symmetrie reduzieren sich die zu bestimmenden Komponenten auf 10. Wir benötigen also 10 Differentialgleichungen zur Festlegung von . Der Riemannsche Krümmungstensor besitzt aber gegenüber den 2 freien Indizes des Metriktensors 4 freie Indizes. Durch „Verjüngung“ (ja so einfach ist das in der Tensorrechnung), d.h. durch Gleichsetzen des oberen und unteren Indexes (alpha). Das Ergebnis ist ein Tensor zweiter Stufe, der Ricci-Tensor:

Für den leeren Raum gilt

Was aber, wenn wir uns für die Verhältnisse in der Sonne interessieren? Dort muss man die Materie- oder besser Materie-Energie-Quellen der Sonne berücksichtigen. Um einem Irrtum gleich vorzubeugen. Materiefrei ist nicht gleichzusetzen mit gravitationsfrei. Ganz im Gegenteil, im materiefreien Raum gibt es sehr wohl gravitative Kräfte oder Raumkrümmungen, ansonsten gäbe es z.B. für unsere Erde keinen Grund, die Sonne zu umrunden. Wollen wir die allgemeine Form der Einsteinschen Feldgleichungen notieren, benötigen wir wie gesagt noch die Quellen der Gravitation. Diese Quellen werden durch den Energie-Impuls-Tensor (mit dem Buchstaben T benannt) beschrieben. Dabei muss man sich darüber im Klaren sein, dass die Gravitationsfelder selbst eine Energiequelle darstellen und somit berücksichtigt werden müssen. Nun müsste es gewaltig knallen, da die Gravitationsfelder wieder Quellen neuer Gravitationsfelder sind usw. Gott sei Dank konvergiert diese Summe. Um die Sache nicht noch komplizierter zu machen, skizziere ich nur den Weg (ansonsten wäre noch mehr Tensorgymnastik nötig gewesen) zu den Einsteinschen Feldgleichungen. Man könnte annehmen, dass man die Null in den Gleichungen des materiefreien Raumes einfach durch den Energie-Impulstensor ersetzt, also

Fast richtig. k ist dabei eine noch zu diskutierende Naturkonstante. Man hat bei diesem Ansatz noch nicht berücksichtigt, dass die Divergenz des Energie-Impuls-Tensors verschwindet. Das Verschwinden der Divergenz des Energie-Impuls-Tensors spiegelt die Energie-Impuls-Erhaltung wieder. Die Divergenz eines Tensors ist die skalare Multiplikation des Vierergradienten

mit dem Tensor selbst. Aber Achtung, wir erinnern uns daran, dass ein Tensor immer aus seinen Komponenten und der Basis zusammengesetzt ist, d.h. es genügt nicht, einfach nur die Komponenten des Energie-Impuls-Tensors

nach den Koordinaten abzuleiten. Man muss die Ableitungen der Basisvektoren mitberücksichtigen. Es wäre also bei der Divergenz folgendes zu berechnen

Im ungekrümmten Raum, also bei konstantem Metriktensor ( = Diagonal(-1, -1, -1, +1)), stimmt die Divergenz mit der Ableitung der Tensorkomponenten überein. Jedoch kann man zeigen, dass die Divergenz des Ricci-Tensors keineswegs verschwindet, was ja nach unserem obigen vorschnellen aber falschen Ansatz der Fall sein müsste, denn wenn gilt Divergenz () = 0 würde wegen auch folgen, dass Divergenz () = 0 ist. Man muss den Ricci-Tensor durch einen „geeigneten“ Term ergänzen, so dass die Divergenz des neuen Ausdrucks verschwindet. Nach ein wenig Rechnerei findet man:

R bezeichnet man als Krümmungsskalar

Nun stimmt alles und wir können, wenn auch etwas ermattet, die Einsteinschen Feldgleichungen notieren:

Es gibt auch noch einen saubereren Weg über ein ähnliches Variationsprinzip, wie wir es bei den Geodäten kennengelernt haben, jedoch sparen wir uns lieber zwei Seiten Formel-Kram. Für einen seriösen Theoretiker bleibt jetzt noch ein Batzen Arbeit. Denn wir müssen zeigen, dass sich als Grenzfall das Newtonsche Gravitationsgesetz ergibt und, noch viel wichtiger, es sollten mit Hilfe der neuen Feld-Gleichungen der Gravitation Effekte beschreibbar sein, die in der Zeitrechnung vor Einstein unerklärbar oder unentdeckt waren.